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  • Artikel 23.02.2020

EFFECT Photonics arbeitet am Internet der Zukunft

4 Minuten Lesezeit

Photonikchips von EFFECT Photonics sind schneller und sparsamer als elektronische Chips. Damit bieten sie eine Lösung für Datenzentren, denn die verbrauchen immer mehr Energie.

„Das ist der richtige Zeitpunkt, um unser Produkt auf den Markt zu bringen“, sagt Joost Verberk, Director of PLM (Product Line Management) bei EFFECT Photonics.  „Nicht besonders viele Menschen sind sich dessen bewusst, aber die zunehmende Nachfrage nach beispielsweise Netflix und YouTube kosten Riesenmengen an Energie. Derzeit verursachen alle Datenzentren der Welt vier bis fünf Prozent des gesamten Energieverbrauchs. Wenn wir die heutige Technologie beibehalten, benötigen wir 2030 hundert Prozent der heutigen Kapazität allein schon für den Betrieb des Internets. Das geht nicht. Unsere Technologie bietet eine Lösung, da es eine energieeffizientere Weise ist, diesen Bedarf zu decken.“ 

EFFECT Photonics ist das Bindeglied zwischen dem Kunden und dem technischen Team
Foto: Peter van Trijen

Selbstfahrende Autos und Virtual Reality

Verberk ist bei EFFECT Photonics die Verbindung zwischen dem Kunden und dem technischen Team. Er reist über die ganze Welt, um zu hören, was auf dem Markt läuft und was Kunden brauchen. Anfang dieses Jahres besuchte er in Barcelona den Mobile World Congress. „Dort schaut man eigentlich ein halbes, vielleicht auch ein ganzes Jahr in die Zukunft der Telekommunikation. Das Stichwort war: 5G. Das wird so vieles ändern und zahlreiche neue Anwendungen ermöglichen. Zum Beispiel selbstfahrende Autos und Virtual-Reality-Anwendungen. Aber dafür muss am Netzwerk noch sehr viel geschehen. Unsere Produkte passen perfekt zu dieser Entwicklung.“ 

EFFECT Photonics stellt sogenannte „Photonic Integrated Circuits“ her, integrierte Photonik auf einem Chip, ein essenzieller Bestandteil zur Verwirklichung der 5G-Revolution, so Verberk. „Mit der heutigen Technologie wird das Signal drahtlos vom Telefon an den Telefonmast gesendet. Dort wird es in ein elektrisches Signal umgesetzt und über ein Sende- und Empfangsgerät – einen Transceiver – versendet. Das elektrische Signal erreicht über einen Kupferdraht das Datenzentrum. Über Kupfer kann so ein elektrisches Signal nur relativ kurze Entfernungen überbrücken. Deshalb benötigt man wieder andere Geräte – Verstärker – die das Signal weiterleiten. Das bedeutet, dass man neben den Telefonmasten auch noch zahlreiche andere Geräte braucht, die Wartung benötigen und störungsempfindlich sind. Was nicht effizient ist und keine Energie einspart, und schon gar nicht für das neue 5G-Netzwerk ausreicht.“

Foto: Peter van Trijen

„Die Kupferkabel werden schon seit geraumer Zeit immer mehr durch Glasfaser ersetzt; damit können Daten größere Entfernungen überbrücken und Verstärker werden überflüssig. Zur Kommunikation über Glasfaserkabel muss das elektrische Signal in Licht umgesetzt werden“, erklärt Verberk. „Dazu braucht man optische Elemente, wie Laser, Spiegel, Prismen und Lichtsensoren. Die Verbindung solcher Elemente miteinander ist komplex, der finanzielle Aufwand dadurch erheblich. Die Verwendung einzelner Elemente verursacht Lichtverlust. Unsere Mitbewerber arbeiten so. Wir können, als einzige der Welt, all diese einzelnen Elemente auf einem Chip unterbringen; das heißt bei uns „System-on-Chip“. Als Ausgangsstoff verwenden wir Indiumphosphid. Mit der Technologie produzieren wir preiswerter und das Produkt verbraucht weniger Energie.“

 „Es bleibt schwierig, das alles in einfachen Worten wiederzugeben“, sagt Verberk. Dennoch wagt er immer wieder den Versuch. „Es ist ein hochkompliziertes technisches Produkt. Ja, es ermöglicht das Internet der Zukunft, aber es ist schwierig zu erklären, warum es denn so gut ist oder warum man es verwenden sollte.“

Kunden von EFFECT Photonics sehen die Vorteile und verstehen das. „Sie wissen, wovon wir reden, und kennen die Technologie sowie die Materialeigenschaften. Sie sehen die Möglichkeiten unseres Ausgangsstoffs.“

Ein Markt in Kinderschuhen

„Erschwerend ist, dass der Markt noch in den Kinderschuhen steckt. Alleine können wir das Produkt nicht machen.“ Also braucht EFFECT Photonics Partner zur Umsetzung. Und Geld. Denn Hardwareentwicklung ist teuer, so Verberk. Vor vier Jahren hatte EFFECT Photonics eine erste Investitionsrunde und heute läuft bei dem Unternehmen bereits die zweite. „Man braucht einfach sehr viel Geld - im achtstelligen Bereich - um ein Produkt auf den Markt zu bringen. Und dann braucht man Investoren mit langem Atem.“

Einem Investor muss schon von vornherein klar sein, dass die Sache langfristig ist. „Dass er weiß, wie es ist, um in ein Start-up der Hardware-Technologie einzusteigen. Und dass er nicht gleich nächstes Jahr sein Geld wiederbekommt.“ Dass CEO James Regan sowie VP-Sales & Marketing Robert Hughes aus der Telekommunikationswelt stammten und dort so ihre Kontakte hatten, half in der ersten Runde beim Finden der Investoren.

EFFECT Photonics stellt Photonic Integrated Circuits
Foto: Peter van Trijen

"Wenn wir die heutige Technologie beibehalten, benötigen wir 2030 hundert Prozent der heutigen Kapazität allein schon für den Betrieb des Internets. Das geht nicht.“

Ein Büro für Forschung und Entwicklung an der Torenallee in Eindhoven

„Die Verwendung von Indiumphosphid ist völlig neu. Um zu testen, ob es funktionsfähig ist, braucht man umfangreiche Forschung.“ Solche Tests kosten Zeit. Das ist anders als beispielsweise bei der Softwareentwicklung. „Bei einer App klickt man auf compile (erstellen) und wenige Minuten später weiß man, ob sie funktioniert. Bei uns dauert es ein halbes Jahr, bevor wir wissen, ob unser Entwurf funktioniert.“

Das Büro für Forschung und Entwicklung ist an der Torenallee in Eindhoven. Es gibt einen separaten Testraum, eine Art Reinraum; einen Kittel braucht man aber nicht, solange man nichts anfasst. Der Raum steckt voller Apparatur und Klimageräte. „Die Chips enthalten viele Bausteine, wie kleine Laser und Fotodioden, die Licht zusammenfügen. All diese Bausteine messen wir durch. Wie viel Licht kommt aus einem Laser und wie viel Strom muss hineinfließen? Was geschieht, wenn man sie einen Mikrometer größer macht, erhält man dann mit der gleichen Strommenge mehr Licht?“

Der echte Reinraum ist in England, Brixham, wo 25 Personen an der Montage der Chips in Module arbeiten. In Eindhoven arbeiten 40 Menschen 15 unterschiedlicher Nationalitäten. Ende dieses Jahres sollen es hundert Beschäftigte sein.

Ein internationales Business

Vergangenen Monat reiste Verberk nach Amerika, von dort aus nach China und wieder zurück in die Niederlande. Nächsten Monat stehen England und Italien auf dem Programm. „Es ist einfach ein sehr internationales Business.“ Kunden gibt es auf der ganzen Welt.

Kunden? Wieso denn Kunden, wenn man das Produkt noch gar nicht auf den Markt gebracht hat? „Sie haben Muster abgenommen und es sind bereits einige Aufträge eingegangen. Sie evaluieren unser Produkt und sehen dann, ob es in ihre Systeme passt. Ob es damit kommuniziert und ob es die Leistung erbringt, die wir davon erwarten. Während der vorigen Runde von Mustern war die Leistung noch nicht ausreichend. Wir hoffen, dass dies jetzt unsere letzte Runde ist. Wenn unsere Kunden sie dann akzeptieren, können die Massenaufträge beginnen.“ 

Die guten Kontakte von James Regan und Robert Hughes weckten das Interesse der Kunden. „Und Kunden freuen sich über den Preis. Denn wir können die Preise unserer Mitbewerber deutlich unterschreiten. Damit meine ich eine Unterschreitung um mehrere Dutzend Prozent, da die Komplexität unserer Montage viel geringer ist.“

Aber das sind die kurzfristigen Kunden, wie Verberk sie nennt. „Unsere langfristigen Kunden, die mit in unsere Forschungsprogramme einsteigen, die sind vor allem von den Anwendungsmöglichkeiten des Grundstoffs begeistert. Ihnen gefallen vor allem die Energieeinsparungsmöglichkeiten sowie die hohe Leistung. Der Energieverbrauch unseres Einstiegsmodells ist eigentlich gar nicht mal so gering. Und mit diesem Material kann das noch viel schneller gehen. Wir möchten weiterentwickeln und dann auf Leistung konkurrieren.“

"Menschen glauben an die Technologie. Das Produkt ist eigentlich ein Mittel zum Zweck.”

Joost Verberk, EFFECT Photonics spricht über die Zukunft der Photonik
Foto: Peter van Trijen

1 Terabit pro Sekunde

Das erste Produkt von EFFECT Photonics versendet 10 Gigabit pro Sekunde. „Echte Großkunden denken bereits heute über 1 Terabit pro Sekunde nach. Das wäre hundertmal so schnell. Sie sind davon überzeugt, dass das nur mit Indiumphosphid-integrierten Chips geht, also wollen sie mit uns am Forschungsprogramm arbeiten. Für sie ist die Technologie so interessant, dass sie uns dafür bezahlen, einen Teil eines angewandten Forschungsprogramms zu übernehmen.“

„Wir arbeiten schon sieben Jahre daran und sind fast am Ziel. Wir erwarten, dass es dieses Jahr noch klappen wird. Unser Unternehmen läuft gut, obwohl wir konkret noch nichts auf den Markt gebracht haben. Menschen glauben an die Technologie. Das Produkt ist eigentlich ein Mittel zum Zweck.”

SMART / EFFECT Photonics ist Partner der Initiative PhotonDelta. Diese öffentlich-private Initiative zielt darauf ab, ein Ökosystem rund um die integrierte Photonik zu schaffen, in dem Forschung und Entwicklung aktiv mit den bewährtesten Geschäftspraktiken verknüpft sind. Unternehmen, Wissensinstitute und Behörden arbeiten gemeinsam an einer integrierten Photonik, die zu innovativen Lösungen in den Bereichen Gesundheit, Agri-Food sowie Tele- und Datenkommunikation beiträgt.

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