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Die natürlichen Farbstoffe von Rubia, Steenbergen
  • Artikel 23.02.2020

Die Zeit ist reif für biobasierte Farben von Rubia

5 Minuten Lesezeit

Nach zehn Jahren voller Tatendrang war Rubia 100 % Natural Colours, Hersteller nachhaltiger Farbstoffe, 2016 insolvent. Jetzt gibt es einen vielversprechenden Neuanfang.

Manchmal kommt ein tolles Produkt etwas zu früh. Das galt auch für die natürlichen Farbstoffe von Rubia 100 % Natural Colours. 2016 ging das innovative Unternehmen aus Steenbergen in Westbrabant pleite. Jetzt gibt es einen vielversprechenden Neuanfang mit einer neuen Arbeitsweise: Am Green Chemistry Campus in Bergen op Zoom arbeitet Rubia mit Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie zahlreichen anderen biobasierten Unternehmen zusammen.

Rembrandt und Vermeer verwendeten sie bereits: rote Farbe aus der Wurzel des Färberkrapps. Türkischrot, so hieß die Farbe. Oder auch Krapplack. Damals standen Ackerflächen in Brabant und Zeeland voll damit und es war ein wichtiges Exportprodukt für die Niederlande. Dass der Färberkrapp für die Gegend um Steenbergen wichtig war, könne man an den Orts- und Straßenbezeichnungen sehen, erzählt Harry Vlamings, einer der Inhaber von Rubia 100 % Natural Colours. „Am ‚Stoofweg‘ stand beispielsweise früher ein ‚Meestoof‘ (‚Krappofen‘); das ist eine Anlage zur Lagerung und Verarbeitung des Färberkrapps, der anschließend zum Farbenmarkt in Rotterdam gebracht wurde.“ Jahrhundertelang wurde die Pflanze zur Färbung von Stoffen verwendet. Aber mit der industriellen Revolution kamen billigere, synthetische Farbstoffe. Und so verschwand die Pflanze mit den unauffälligen gelben Blüten vom Brabanter Land.

Harry Vlamings spricht über die biobasierten Farben von Rubia in Bergen op Zoom
Foto: Melchert Meijer zu Schlochtern

Guter Anbau

Bis vor etwa dreizehn Jahren, als einige Unternehmer in Steenbergen Möglichkeiten für natürliche Farbstoffe sahen. Sie fanden einige Landwirte, die bereit waren, den Färberkrapp anzubauen, und begannen ihr eigenes Labor und eine Fabrik. Mitinhaber Marc de Keijzer ist einer dieser Landwirte, die damals ein Stück Land für den Krappanbau zur Verfügung stellten. „Ich hatte Lust, um mal etwas neues auszuprobieren“, erzählt er. „Man benötigt für den Anbau des Färberkrapps relativ wenig Anbaufläche. Die Pflanze passt ausgezeichnet in den Fruchtwechsel, wobei unterschiedliche Gewächse nacheinander angebaut werden, damit der Boden fruchtbar bleibt und Krankheiten ausbleiben.“ Und dieser Anbau klappte prima. So gut, dass das Unternehmen noch heute aus damaligen Vorräten schöpfen kann. Aber jetzt mal der Reihe nach.

Hochkonzentriertes Farbpulver

Denn aus dem Krapp Farbstoffe gewinnen, wie geht das eigentlich? Als die Niederlande ihr Goldenes Zeitalter erlebten – im 17. Jahrhundert – wurde die Wurzel gewaschen, getrocknet und zerbröselt. Die ‚Brösel‘ wurden dann anschließend in Wasser aufgelöst; diese Mischung dann von Rembrandt und seinen Kollegen mit Öl vermischt. Bei Rubia ist die zerbröselte Wurzel der Grundstoff. Was die Fabrik in Steenbergen verlässt, ist ein feines Pulver mit einer hohen Farbstoffkonzentration. „Pulver lässt sich viel länger aufbewahren als Flüssigkeiten“, erläutert Inhaber und Geschäftsführer Rudolph de Jong. „Und es lässt sich auch einfacher transportieren. Aber wie man das hochkonzentrierte Pulver herstellt, das mussten wir alles selbst herausfinden.“ Übrigens verarbeitet Rubia nicht nur Färberkrapp, der einen roten bis braunen Farbstoff ergibt, sondern auch Färber-Wau (gelb/braun) sowie Indigo (blau). Auch der Wau wird in Brabant angebaut. Indigo erfordert ein wärmeres Klima und wird aus […] importiert.

Biobasierte Farben von Rubia in Steenbergen
Foto: Melchert Meijer zu Schlochtern

Nicht bereit, für nachhaltige Produkte mehr zu zahlen

Die Interessenten an natürlichen Farbstoffen sind nicht die Geringsten. Modedesignerin Stella McCartney, Vorkämpferin nachhaltiger Mode, verwendet den Farbstoff für ihre Kollektion für Adidas. Und am niederländischen ‚Prinzentag‘ 2009 trägt - damals noch - Prinzessin Maxima ein Rubia-rotes Kleid des Brabanter Designers Jan Taminiau. Kunden sind vor allem Färber von Textilien. Nicht nur für die Bekleidungsindustrie, sondern auch für die Teppich- und Textilindustrie. Die Zahl der Abnehmer ist jedoch enttäuschend. Rudolph de Jong: „Der Fokus auf Nachhaltigkeit war nicht besonders ausgeprägt; man war nicht bereit, für ein nachhaltiges Produkt mehr zu bezahlen.“ Nach einem zehnjährigen Kampf ums Überleben wird Rubia 2016 für insolvent erklärt.

Gute Ergänzung des Brabanter Agrarsektors

Aber De Jong, Vlamings und De Keijzer, die das Unternehmen 2013 übernehmen, glauben auch weiterhin an ihr Produkt. „Wir sind der Überzeugung, dass wir gut zur nachhaltigen Bekleidungs- und Textilindustrie beitragen können. Und dass der Anbau des Färberkrapps und des Färber-Waus den Brabanter Agrarsektor prima ergänzt.“

Und jetzt erscheint die Zeit endlich reif für biobasierte Farben von Rubia. „Vor allem in der Bekleidungsindustrie ist Nachhaltigkeit von Bedeutung“, sagt Rudolph de Jong. Das hat nicht zuletzt mit der Übereinkunft für nachhaltige Kleidung und Textilien zu tun, die die niederländische Ministerin für Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit Lilianne Ploumen 2016 zusammen mit etwa fünfzig niederländischen Bekleidungsunternehmen unterzeichnet. „Heute sind Kunden eher dazu bereit, mehr für ihre Farbstoffe zu bezahlen. Wir brauchen sie nicht mehr von der Relevanz des Übergangs auf eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu überzeugen. Jetzt kommen sie zu uns.“

Die natürlichen Farbstoffe von Rubia, Steenbergen
Foto: Melchert Meijer zu Schlochtern

"Wir sind der Überzeugung, dass wir gut zur nachhaltigen Bekleidungs- und Textilindustrie beitragen können."

Zusammenarbeit am Green Chemistry Campus

Der Neuanfang bedeutet für Rubia auch eine neue Arbeitsweise. Viel mehr als früher wird das Unternehmen mit Partnern zusammenarbeiten. Harry Vlamings: „Früher dachten wir uns alles selbst aus. Aber Kenntnisse sind ja auch bei Dritten in hohem Maße vorhanden. So untersuchen wir jetzt beispielsweise gemeinsam mit Cosun (Mutterunternehmen von u.a. dem niederländischen Zuckerhersteller Suiker Unie), wie man aus einem Quadratmeter Boden so viel wie möglich Farbstoff gewinnen kann.“ Die Zusammenarbeit findet zum Großteil am Green Chemistry Campus - Teil des Biobased Deltas - statt. Hier bündeln biobasierte Unternehmen ihre Kräfte mit staatlichen sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Und will Rubia u.a. gemeinsam mit dem Kleuren Applicatie Centrum (KLAC) der FH Avans Hogeschool und der Berufsfachschule ROC West-Brabant an einem noch besseren und letztendlich auch preiswerteren Produkt arbeiten. „Am Campus ist alles vorhanden, was man zur Weiterentwicklung braucht“, sagt Rudolph de Jong. „Außerdem bringt die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und mit Studierenden tolle, neue Ideen mit sich.“ Er sagt Rubia eine goldene Zukunft voraus: „Der Markt für Farbstoffe ist um vieles größer als der Textilmarkt. Sagte ich goldene Zukunft? Die Zukunft ist Rubia-rot!“

Rubia kooperiert mit anderen biobasierten Unternehmen auf dem Green Chemistry Campus
Foto: Melchert Meijer zu Schlochtern

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