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Fantag Robot Tech United
  • Artikel 10.08.2022

Brabant ist big in Data Science

7 Minuten Lesezeit

Künstliche Intelligenz, Big Data, Robotik, Maschinelles Lernen: Die Welt von Data Science kennt viele Formen. Und obwohl selbst die einschlägigen Spezialisten auf diesem Gebiet die Details ihrer zukunftsträchtigen Disziplinen noch nicht ganz erfasst haben, ist die Öffentlichkeit bereits enorm beeindruckt. Forscher und Unternehmer aus Brabant stehen an der Spitze, wenn es um Erschließung von Wissen und dessen Anwendung geht.

Im Mittelpunkt steht dabei die „Jheronimus Academy of Data Science“ (JADS) in ’s-Hertogenbosch – ein enger Kooperationsverbund zwischen der Technischen Universität Eindhoven, der Universität Tilburg, der Stadt ’s-Hertogenbosch, der Provinz Noord-Brabant und der internationalen Wirtschaft. Doch auch die anderen Wissenseinrichtungen auf Universitäts- und Fachhochschulebene in Noord-Brabant haben alle ihre eigenen Studiengänge und Institute auf dem Gebiet von KI und Data Science. Es gibt kaum ein Start-up, in dem Data Science nicht berücksichtigt wird und die traditionellen Unternehmen springen nach und nach auf. 

Das ist nicht verwunderlich. Sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus gesellschaftlicher Sicht lässt sich Data Science nicht mehr ignorieren. Die Gesellschaft selbst ist auch dieser Meinung: Eine Umfrage in elf Ländern zeigt, dass die Befragten davon ausgehen, dass sich ihr Leben und die Gesellschaft dramatisch verändern werden, wenn künstliche Intelligenz und Robotik in größerem Umfang eingesetzt werden.  

Und sie liegen richtig. Sie sind sich jedoch vielleicht nicht bewusst, dass Data Science schon heute ungeheuer viel für alltägliche Prozesse bedeutet. Wenn Sie eine Website besuchen, registrieren Cookies, was Sie sich gerade ansehen, um das innerhalb einer Millisekunde mit einer dazu passenden Werbeanzeige zu verknüpfen. Unser Verhalten wird in Datenbanken erfasst. Die Wirtschaft lebt von Daten. Der Fahrzeughersteller kennt das Verhalten des Fahrers besser als der Fahrer selbst. Und die Software von Maschinen wird durch intelligentes Feedback aus den großen Mengen von Nutzerdaten, die die Geräte selbst produzieren, ständig verbessert.

Robot Tech United
Foto: Bart van Overbeeke

„Manche haben Angst vor den kommenden Entwicklungen. Daher ist es wichtig, Data Science realistisch darzustellen“

Laut Liesbeth Leijssen, Director Impact an der JADS, sollte jeder an der Diskussion über Datenwissenschaft und Ethik beteiligt sein. „Es gibt viele Mythen rund um die Datenwissenschaft. Manche haben Angst vor den kommenden Entwicklungen. Daher ist es wichtig, Data Science realistisch darzustellen. Wir tun dies, indem wir aufzeigen, wie sinnvoll Data Science im täglichen Leben sein kann und indem wir ethische Fragen rund um Daten diskutierbar machen.“ 

Data Science ist daher sicherlich nicht nur ein Experimentierfeld von Forschern und innovativen Start-ups. Im alltäglichen Leben ist sie allgegenwärtig und dieser Einfluss wird in der kommenden Zeit noch zunehmen. Unternehmen verfügen über eine enorme Menge an Daten, stehen aber oft vor der Frage, wie sie diese Daten am besten nutzen können, damit sie einen konstruktiven Effekt haben. Dies erfordert nicht nur Innovationskompetenz, sondern auch eine Menge praktischer Fähigkeiten und Bildung. Professor Jeroen de Mast, der an der JADS, der Waterloo University (Kanada) und bei Holland Innovative auf dem High Tech Campus Eindhoven tätig ist, weiß das wie kein anderer. „In unserem Programm wollen wir die Studierenden dabei unterstützen, ihre Verfahren auf Grundlage von Datenanalyse und Datentechnik in Kombination mit unternehmerischer Initiative zu verbessern.“ 

Ausbildung ist eine Sache, aber auch danach stehen die Unternehmen in Brabant nicht für sich allein da. Das Data Value Center Smart Industry unterstützt Unternehmer beim Einsatz von Daten. Dabei geht es darum, bestehende Prozesse zu optimieren, die richtigen Voraussetzungen zu schaffen und mit Hilfe von Daten Gewinnmodelle zu entwickeln. Das MKB Datalab ist eine Initiative in Midden-Brabant, in der Bildungsinstitutionen und Wirtschaft kooperieren, um sich den Herausforderungen der Datafizierung zu stellen.  

Auf allen Innovationscampus in Brabant spielt Data Science mittlerweile eine wesentliche Rolle. Von der Medikamentenentwicklung im Pivot Park über Smart Mobility im Automotive Campus und Medtech an der TU/e und High Tech Campus bis hin zu Smart Industry im Gate2: Ohne Data Science geht es nicht voran. Der Brainport Industries Campus bezeichnet sich selbst als „Fabrik der Zukunft“, in der Hightech-Unternehmen wie KMWE, Anteryon und Yaskawa Data Science nutzen, um die Fertigungsindustrie voranzubringen. Die Unternehmen können dadurch intelligenter produzieren und – auch dank Start-ups wie Unit040 – bei sich selbst sowie bei ihren Zulieferern die Planung optimieren.  

Auch außerhalb der Hochschulen spielen Start-ups eine wichtige Rolle für den Wandel. Zum Beispiel mit den Predictive-Maintenance-Lösungen (Maschinen, die selbst vorhersagen, wann eine Wartung erforderlich ist) von Pipple in Eindhoven oder Cytosmart, das Zellen mit Hilfe von Datenwissenschaft analysiert, oder Protix in Bergen op Zoom, das intelligente Algorithmen zur Steuerung des Wachstumsprozesses von Insekten einsetzt.

Wetterstation AgroExact
Foto: Marc Bolsius

„Bauern brauchen nur ihr Smartphone in die Hand zu nehmen und schon wissen sie, wie die Lage ist“

Auch Foodtech ist ein Sektor, der mehr und mehr von den Stärken der Data Science profitiert. So wurde beispielsweise Anfang 2020 das Datalab Agrifood auf dem GrowCampus in ’s-Hertogenbosch eröffnet. Aber alles beginnt mit dem Landwirt auf dem Feld. Je früher alle verfügbaren Daten analysiert und bewertet werden können, desto größer ist die Chance, dass die Ernte ein Erfolg wird und das Vieh gesund bleibt. AgroExact aus ’s-Hertogenbosch ist ein solches Unternehmen, das bereits Dutzenden von Landwirten in Brabant eine zuverlässigere Alternative zum Prinzip Pi mal Daumen anbietet. Mit lokalen Wetterstationen auf landwirtschaftlichen Flächen werden alle natürlichen Prozesse, die die Landwirtschaft beeinflussen, wie Niederschlag, Temperatur und Windgeschwindigkeit, messbar und es kann sofort auf sie reagiert werden. „Bauern brauchen nur ihr Smartphone in die Hand zu nehmen und schon wissen sie, wie die Lage ist“, sagt Gründer Sven Boogaard.   

Obwohl die meisten also davon ausgehen, dass die Rolle von Data Science in unserer Gesellschaft in den kommenden Jahren zunehmen wird, gibt es auch noch immer viele, die sie nur als Hype betrachten. Davor warnt Hans de Jong, ehemaliger Präsident von Philips. In seinem „eigenen“ Healthtech-Geschäftszweig sieht er große Chancen. „Pathologen untersuchen Gewebeschnitte, um Spuren von erkranktem Gewebe zu finden. Sie müssen unglaublich viele dieser Scheiben betrachten und es gibt unterschiedliche Interpretationsweisen. Diese Bilder können wir jetzt digitalisieren, wodurch man eine Software auf sie anwenden kann, die den Pathologen bei der Interpretation unterstützt. Der Pathologe kann sich dann auf die letztendliche Beurteilung konzentrieren. Das bedeutet einen Fortschritt für das Gesundheitswesen.“  

„Wenn man sagt, es sei nur ein Hype, ist das ein historischer Irrtum“

Artificial intelligence

Und es geht nicht nur um komplizierte Operationen. De Jong: „Diese Technik steht für mich auf gleicher Ebene wie die Dampfmaschine, die Elektrizität und das Internet. Genau wie diese Techniken ist sie ein echter „Enabler“ – durch sie wird viel mehr möglich. Wir haben es nicht immer vor Augen, aber Künstliche Intelligenz ist eigentlich überall. Wir haben heute intelligente Rasierapparate, die während des Rasierens die Haut analysieren und ihre Leistung dementsprechend anpassen. Wenn man sagt, es sei nur ein Hype, ist das ein historischer Irrtum.“ 

Der Erfolg der Data-Science-Initiativen in Brabant hängt natürlich auch von den Geldmitteln ab, die zur Verfügung stehen. Dabei spielt der Staat eine wichtige Rolle, aber Brabant selbst legt auch einiges hinzu. So investierte beispielsweise eine Brabant-breite KI-Koalition, der die TU Eindhoven, die Universität Tilburg, Interpolis, CZ, DAF Trucks, KPN, Philips, Rabobank, Fontys, TNO, MindLabs und JADS angehören, Anfang 2020 rund 250 Millionen in eine Reihe von KI-Initiativen. Das Forschungsinstitut EAISI ist dabei die treibende Kraft.  

Jede Woche klopfen Unternehmen und Institutionen bei der JADS an, um eine zukünftige Zusammenarbeit zu vereinbaren. Manchmal handelt es sich dabei um ein Start-up, manchmal um ein großes Unternehmen. „Sie sind alle willkommen“, sagt Liesbeth Leijssen. „Ich finde ein kleines studentisches Start-up, das eine Suchmaschine entwickelt hat und sie dann in der Praxis umsetzt, genauso schön wie ein großes Unternehmen, das mit uns Data Science nutzt, um die Abholzung der Wälder oder die organisierte Kriminalität zu untersuchen. Klein oder groß: Wir alle bewirken etwas.“

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