Flow.ai ist ein Start-up-Unternehmen mit Sitz in Tilburg, das weltweit die Nummer 1 für den Einsatz von Chatbots im Kundenservice werden will. Es liefert Software, mit der sich ohne besondere Programmierkenntnisse Workflows gestalten lassen. Die Herausforderung an sich selbst: stromlinienförmiges Wachstum, sodass sie auch selbst im Flow bleiben.
Angenommen, Ihr nagelneuer Wäschetrockner macht bei der ersten Benutzung ein ratterndes Geräusch. Sofort schicken Sie eine WhatsApp-Nachricht an den Kundendienst des Herstellers. Umgehend erhalten Sie eine Nachricht zurück. Mit einigen Fragen, um herauszufinden, woher das Geräusch kommt. Haben Sie zum Beispiel schon den Filter saubergemacht?
Wenn das Problem nach einigen selbst durchgeführten Maßnahmen noch nicht gelöst ist, erhalten Sie über WhatsApp eine Einladung, einen Termin mit dem Monteur zu vereinbaren. Wenn der Monteur das Problem erfolgreich behoben hat, werden Sie gefragt, ob Sie mit der Abwicklung zufrieden sind.
In diesem Beispiel war Gijs van de Nieuwegiessen der Besitzer des Wäschetrockners. Er ist Mitbegründer und CEO von Flow.ai und hat persönlich getestet, wie der Chatbot mit seiner Frage umgeht. Und ja, es hat hervorragend funktioniert. Es ging dabei um das Unternehmen Samsung, das eifrig die Möglichkeit nutzt, erste Kundenkontakte 24 Stunden am Tag reibungslos über einen Chatbot abzuwickeln.
Flow.ai entwickelt Software zur Erstellung intelligenter Chatbots und Voice-Interfaces. Damit können Unternehmen künstliche Intelligenz auf eine leicht zugängliche Weise einsetzen, sodass sie leichter und schneller mit ihren Kunden kommunizieren können. Außergewöhnlich, da die zugrundeliegende Technik für einen solchen virtuellen Assistenten ziemlich komplex ist.
Van de Nieuwegiessen interessiert sich seit Jahren ungeheuer für die direkte Interaktion zwischen Mensch und Computer. Nach seiner Ausbildung auf diesem Fachgebiet begann er in der Beratungsbranche und bei Versicherungsunternehmen zu arbeiten. Bei einem solchen testete er eine Methode, über WhatsApp eine Schadensmeldung einzureichen. Mit ziemlich gutem Resultat. Leider verschwand das Konzept in der Schublade.
Deshalb begann er 2016 gemeinsam mit seinem Fachkollegen Murat Ozmerd damit, Maßarbeit hinsichtlich des Einsatzes von Chatbots beim Kundenservice auszuführen. Ein solcher Chatbot stellt erste Fragen, extrahiert die relevanten Angaben und leitet den Kunden an den geeigneten Mitarbeiter weiter. „Kundendienste sparen damit etwa 20 Prozent an Kosten", sagt Van de Nieuwegiessen.
Über die Plattform von Flow.ai kann jeder schnell und ohne große Programmierkenntnisse einen eigenen Chatbot entwickeln. Ein Chatbot lernt, Wörter und Sätze in einem bestimmten Kontext zu erkennen. Über einen Account auf einer Online-Plattform ist es möglich, einen eigenen „Konversations-Flow" einzurichten. Zudem wird über Flow.ai auch die zugrundeliegende künstliche Intelligenz trainiert, um Kunden sofort die richtigen Antworten zu geben.
Im Zuge des Hypes um Künstliche Intelligenz konnten sie 2017 ihr eigenes Tool hierfür entwickeln. Sander Wubben trat Flow.ai als dritter Partner bei. Ein echter Gewinn, denn Wubben hat an der Universität Tilburg in künstlicher Intelligenz und Sprachtechnologie promoviert.
Im gleichen Jahr überstürzten sich für das Start-up aus Brabant die Ereignisse. Die Drei wurden nämlich von dem angesehenen Accelerator Techstars angesprochen, der Start-ups in ihrem Wachstum fördert. Dazu mussten sie für einige Monate nach Toronto, das mit seinen Spitzenuniversitäten, Labors und Innovationsinstituten als der Hotspot der Künstlichen Intelligenz gilt. Über das Techstars-Programm hatten sie Zugang zu Mentoren, Beratung, Büroräumen und verschiedenen Schulungen.
„Der Fokus für Tech-Unternehmen in Kanada und den USA liegt bei dieser Art von Programmen darauf, Investitionen anzuziehen", sagt Van de Nieuwegiessen. „Angesichts der Phase, in der wir uns als Unternehmen befanden, war das für uns keine Option. Wenn wir das gewollt hätten, hätten wir uns dort dauerhaft niederlassen müssen. Aber wir haben beschlossen, in den Niederlanden zu bleiben, weil unsere Familien hier ihre Wurzeln haben.“
Trotzdem hat das kanadische Abenteuer ihnen viel gebracht. „Wir haben viel an Wissen gewonnen. Zum Beispiel darüber, welches Problem wir für wen lösen. Wir haben auch viel darüber gelernt, wie man mit Investoren umgeht und wie man das Marketing richtig anpackt. Es war wirklich super, sich bei Apple umzusehen. Normalerweise kommt man da nie rein."
Nach ihrer Rückkehr im April 2018 konzentrierten sie sich auf Produktentwicklung, Marketing und Vertrieb. Im selben Jahr wurde Flow.ai zum Gewinner des Brabant Startup Award gewählt. Inzwischen sind sie auf zwölf Mitarbeiter angewachsen. Mit Teammitgliedern in den Niederlanden, der Ukraine und den USA verfügen sie nun über ein multidisziplinäres Team in den Bereichen künstliche Intelligenz, Benutzererfahrung, Technik, Marketing und Beratung.
Sie richten nicht nur die Plattform für Ihr eigenes Chatbot-Konzept ein, sondern liefern ihre Software auch an verschiedene Kooperationspartner. Sie arbeiten auch direkt für Unternehmen in den Benelux-Ländern, hauptsächlich im Einzelhandel. Einige Namen sind: Samsung Benelux, Wehkamp, MediaMarkt, Deutsche Telekom und Achmea.
„Wir befinden uns jetzt in einer Achterbahn", sagt Van de Nieuwegiessen. „Man muss sich nur mal den Einkaufsprozess bei Samsung ansehen. Das ist eine komplizierte Angelegenheit.“
Ihre neuen Herausforderungen liegen im Bereich des Verkaufs, des Marketings und des weiteren Ausbaus ihres Unternehmens. Sie wollen die erste Marke sein, die mit Qualitäts-Chatbots assoziiert wird, auch in den Vereinigten Staaten. Sie wollen ihr Unternehmen auch weiter ausbauen und weitere Mitarbeiter anstellen.
Auch wenn der Hauptsitz in Tilburg bleiben wird, haben sie den Ehrgeiz, ein Global Player zu werden. „Wo genau man sich befindet, ist für ein Tech-Unternehmen nicht so relevant. Vor allem jetzt, wo die Corona-Krise dazu führt, dass wir viel von zu Hause aus arbeiten. Aber in Tilburg haben wir akzeptable Mieten und es gibt viele Talente. Gute IT-Spezialisten zu finden, ist nicht einfach. Aber in Brabant hat man größere Chancen. Vor allem Eindhoven ist heutzutage ein unheimlicher Magnet".
Flow.ai sieht viele zukünftige Möglichkeiten für Chatbots und Sprachsteuerung. Dennoch wird die künstliche Intelligenz den Kundendienstmitarbeiter nicht ersetzen, meint Van de Nieuwegiessen. „Wenn man wegen der Waschmaschine seiner Mutter anruft, hat der Chatbot damit Schwierigkeiten. Es werden immer Menschen gebraucht werden, um einem Kunden bei einem vom Standard abweichenden Kontext helfen zu können.“
Künstliche Intelligenz kann jedoch bei den ersten Kundenkontakten große Effizienzgewinne bringen. Und damit auch sinnvolle Kosteneinsparungen. Er findet es großartig, dass den Kunden auf diese Art schnell geholfen werden kann. „Es kommt zu keiner Frustration, denn aufgrund ihrer Fragen werden gleich Aktionen eingeleitet. Was die Kosten betrifft, ist es kaum machbar, den gleichen Service mit menschlichen Arbeitskräften anzubieten.“
Die Brabanter Mentalität trägt auch dazu bei, dass sie mit ihrem wachsenden Unternehmen ihren eigenen Flow finden. „Die Leute sind gesellig. Wir profitieren hier auch sehr von unserem Netzwerk, denn die Menschen wollen einem gerne weiterhelfen. Von Eindhoven Airport aus ist man mit ein Mal umsteigen ruck, zuck in der Ukraine. Von Schiphol aus würde uns das viel mehr Zeit kosten. Im Brabant läuft alles schön geschmeidig.“
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